von Dr. Urte Andrae

Der Auskunftsanspruch beim Zugewinnausgleich

In diesem Artikel geht es um das Recht des Ehegatten, im Falle einer Scheidung Auskunft über das Anfangs- und Endvermögen seines Partners zu erhalten, um den Anspruch auf Zugewinnausgleich durchzusetzen. Weitere Informationen zur Berechnung des Zugewinnausgleichs finden Sie hier, grundsätzliche Informationen zur Vermögensauseinandersetzung finden Sie hier.

Anfangs- und Endvermögen bestimmen das zu den maßgeblichen Stichtagen aufseiten beider Ehegatten vorhandene Vermögen. In den allermeisten Fällen ist den Ehegatten aber nicht bekannt, über welches Vermögen der jeweils andere an den beiden Stichtagen für Anfangs- und Endvermögen verfügt hat. Deshalb gibt es für den Fall der Beendigung des Güterstandes einen wechselseitigen Auskunfts- und Beleganspruch: Nach § 1379 BGB kann jeder Ehegatte verlangen, dass sich der jeweils andere Ehegatte in einem schriftlichen Verzeichnis über sein Vermögen zu den Stichtagen erklärt.

Ausgestaltung und Inhalt des Vermögensverzeichnisses

Die Auskunft muss eine systematisch geordnete Form aufweisen. Sie ist stichtagsgerecht bezogen auf den Tag der Eheschließung (Anfangsvermögen) und den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (Endvermögen) zu erteilen. In der Auskunft müssen sämtliche positiven und negativen Vermögenswerte enthalten sein, die für die Berechnung relevant sein können. Teilauskünfte sind nicht zulässig. Die einzelnen Vermögenspositionen sind darin nach Anzahl, Art und nach wertbildenden Faktoren näher zu beschreiben. Diese Angaben müssen mit aussagekräftige Belege nachgewiesen werden. Ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Auskunft, kann der erklärende Ehegatte zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet werden.

Erforderliche Angaben zum Anfangsvermögen

Im Anfangsvermögen sind zunächst sämtliche Vermögenspositionen aufzuführen, die der Ehegatte in die Ehe eingebracht hat. Weiter sind auch in der Ehe erworbene Vermögenswerte dem Anfangsvermögen zuzurechnen, soweit ihr Erwerb nicht auf das eheliche Zusammenwirken zurückzuführen ist. Dies betrifft in erster Linie in der Ehezeit erfolgte Erbschaften und Schenkungen durch Dritte. Da zwischen der Eheschließung und der Trennung mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte liegen können, ist es für die Eheleute sinnvoll, zu Beweiszwecken zu Beginn der Ehe gemeinsam ein Vermögensverzeichnis anzufertigen.

Zusätzliche Sicherheit durch Auskunft zum Trennungszeitpunkt

Das Verzeichnis über das Endvermögen hat alle Vermögenswerte zu enthalten, über die der Ehegatte am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages verfügt hat. Auch die Angaben zum Endvermögen sind in der Regel nur schwer zu überprüfen: Die Eheleute haben vor der Einleitung des Scheidungsverfahrens das Trennungsjahr durchlaufen. Ab der Trennung haben die Ehegatten normalerweise überhaupt keine Einsicht mehr in die Vermögenssituation des anderen Ehegatten.
Um dieses Defizit auszugleichen, sieht das Gesetz zusätzlich einen Anspruch auf Auskunft über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt vor. Diese Auskunft ermöglicht es dem Ehegatten, jeweils nachzuvollziehen, wie sich die Vermögensverhältnisse des anderen seit der Trennung entwickelt haben. Ist das Endvermögen geringer als das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung, muss der betreffende Ehegatte die Gründe dafür erklären und darlegen. Beruht der Rückgang etwa auf einer Verschwendung des Vermögens, so wird das tatsächliche Endvermögen fiktiv um diesen Betrag erhöht. Das gilt auch, wenn die Verminderung in der Absicht vorgenommen wurde, den anderen Ehegatten bewusst zu benachteiligen.

Auskunftsanspruch kann gerichtlich durchgesetzt werden

Für eine verlässliche Berechnung des Zugewinnausgleichs gibt es keine Garantie. Schließlich beruht sie auf der Annahme, dass jeder Ehepartner korrekte Angaben zu seinem Anfangs- und Endvermögen macht. Sollte die Auskunft nicht oder nicht vollständig erklärt werden, kann auch der Auskunftsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Hierbei sollten Sie sich unbedingt anwaltliche Unterstützung holen. Auch bei der anschließenden Berechnung und Durchsetzung Ihres Zugewinnausgleichsanspruchs können Sie auf unsere fachkundige Unterstützung zählen. Aufgrund unserer Erfahrung können wir Werte besser einschätzen und realistisch beurteilen. Vereinbaren Sie am besten noch heute unverbindlich einen Beratungstermin an einem unserer beiden Standorte.

Der Auskunftsanspruch beim Zugewinnausgleich kann ein zähes Ringen sein
Zugewinnausgleich und Auskunftsanspruch: Auch wenn es hart auf hart kommt lassen sich mit anwaltlicher Hilfe Benachteiligungen vermeiden

Beispielhafte Darstellung eines Vermögensverzeichnisses

Ein den gesetzlichen Anforderungen gerecht werdendes Verzeichnis könnte beispielsweise wie folgt aufgebaut sein:

Verzeichnis über das Anfangsvermögen

Datum des Stichtags:
I. Aktivvermögen:

  1. Bankguthaben
    (jeweils unter Nennung von Kontonummer, Bank, Wert)
    Beleg: (Stichtagsbezogener) Kontoauszug
  2. Wertpapiere, Depot-/Sparguthaben, Bausparverträge, Lebensversicherung
    (jeweils unter Nennung der konkreten Bezeichnung, Anbieter, Vertrags/Depotnummer, Guthaben)
    Beleg: Wertmitteilung, Depot-/Kontoauszug
  3. Grundstücke/Wohnungseigentum
    (jeweils unter Nennung der Anschrift, Grundbuchbezeichnung, Fläche, Eigentumsanteil, Wert)
    Beleg: Grundbuchauszug, Kaufvertrag, Wertgutachten
  4. Unternehmen(-sbeteiligungen)
    Beleg: Bilanzen, Gutachten
  5. Wertgegenstände
    (Kunstgegenstände, Schmuck, Bargeld)
    Beleg: Kaufverträge, Kaufbelege, Gutachten
  6. Fahrzeuge
    (Marke, Modell, km-Stand, Erstzulassung)
    Beleg: Kaufvertrag, Wertgutachten, Fahrzeugschein
  7. Forderungen
    (Steuererstattungen, Darlehensforderung, Ausgleichsansprüche, etc.)
    Beleg: Steuerbescheide, Darlehensvertrag, Schuldscheine, etc.
  8. Sonstige Rechte (Wohnrecht, Nutzungsrecht)
    Beleg: Grundbuchauszug, Verträge

II. Passivvermögen:

  1. Kontoüberziehungs-/Dispositionskredit (jeweils unter Nennung von Kontonummer, Bank, Sollbetrag)
    Beleg: (Stichtagsbezogener) Kontoauszug
  2. Darlehens-/Kreditverträge (Name des Kreditinstituts, Konto-/Vertrags-nummer, Restschuldbetrag)
    Beleg: (Stichtagsbezogener) Kontoauszug
  3. Sonstige Belastungen

III. Zurechnungen:

  1. Erbschaften (Erblasser, Datum der Zuwendung, Wert der Erbschaft)
  2. Schenkungen (Schenker, Datum der Zuwendung, Wert der Schenkung)

Verzeichnis über das Endvermögen

Datum des Stichtags:
I. Aktivvermögen:
wie beim Anfangsvermögen

II. Passivvermögen:
wie beim Anfangsvermögen

Verzeichnis über das Trennungsvermögen

Datum des Stichtags:
I. Aktivvermögen:
wie beim Anfangsvermögen


II. Passivvermögen:
wie beim Anfangsvermögen

Die wichtigsten FAQs zum Auskunftsanspruch für den Vermögensausgleich

Welche Vermögenspositionen sind in das Vermögensverzeichnis aufzunehmen?

Der zur Auskunft aufgeforderte Ehegatte muss sein Anfangs- und Endvermögen vollständig aufführen und sich auch zu seinem Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung erklären.
In zeitlicher Hinsicht hat damit eine Auskunft bezogen auf den Tag der Eheschließung, den Tag der Trennung und den Tag der Zustellung des Scheidungsantrages zu erfolgen. Zwischen dem Tag der Trennung und der Zustellung des Scheidungsantrags liegt mindestens der Zeitraum des Trennungsjahres.
Die Erklärung muss die am jeweiligen Stichtag vorhandenen Vermögenspositionen vollständig aufführen und nach ihren wertgebenden Faktoren bezeichnen. Dabei sind sowohl positive Vermögenswerte, wie z.B. Immobilien, Wert- und Kunstgegenstände, als auch Verbindlichkeiten, wie z. B. Kredite oder Grundschulden, stichtagsgerecht offenzulegen und nachzuweisen.

Wann besteht kein Auskunftsanspruch?

Voraussetzung für die Auskunftsverpflichtung ist immer, dass die Vermögensbestandteile sich überhaupt auf die Berechnung des Zugewinnausgleichs auswirken können. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Durchführung des Zugewinnausgleichs durch einen Ehevertrag ausgeschlossen ist oder der Zugewinnausgleichsanspruch bereits verjährt ist.

Warum ist auch eine Auskunft zum Trennungsvermögen geschuldet?

Das Endvermögen ist der Vermögenswert am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages. Voraussetzung für die Zustellung des Scheidungsantrages ist aber, dass die Eheleute mindestens ein Jahr voneinander getrennt gelebt haben. Mit der Trennung verlieren die Ehegatten jedoch in der Regel die Einsicht in das Vermögen ihres Ehepartners. Um möglichen Veränderungen in diesem Zeitraum gerecht zu werden, besteht ein zusätzlicher Auskunftsanspruch zum Zeitpunkt der eigentlichen Trennung. Das Vermögen am Tag der Trennung lässt sich zumindest in den wesentlichen Zügen verlässlich nachprüfen. Hierauf gestützt kann dann auch die Auskunft zum Endvermögen bewertet werden. Mögliche Veränderungen werden dann zugunsten des Antragsstellers berücksichtigt.

Autor dieses Fachartikels

Fachanwältin Dr. Urte Andrae
Dr. Urte Andrae Fachanwältin für Familienrecht

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