von Dr. Urte Andrae
Die Ermittlung von Ansprüchen aus dem Zugewinnausgleich spielt in fast jeder Ehe eine Rolle. Für das deutsche Familienrecht ist die sogenannte Zugewinngemeinschaft das gesetzlichen Grundmodell der Ehe. Nur durch den Abschluss eines Ehevertrages können die Ehegatten eine abweichende Form des güterrechtlichen Zusammenlebens wählen (*Verlinkung zu dem neuen Cornerstone „Ehevertrag“). In der Praxis ist der Abschluss eines Ehevertrages jedoch immer noch die Ausnahme.
Die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist also fast für jeden Ehemann und jede Ehefrau ein interessantes Thema. Vor diesem Hintergrund möchten wir Ihnen nachfolgend einen ersten Einblick in die Thematik „Zugewinnausgleich“ bieten und die Grundzüge anhand eines Berechnungsbeispiels veranschaulichen.
Zunächst räumen wir mit einem Mythos auf: Angeblich können Eheleute ab der Hochzeit ausschließlich gemeinsames Vermögen erwerben. Das ist aber keineswegs der Fall. Richtig ist vielmehr, dass die Ehe bzw. die Zugewinngemeinschaft die vermögensrechtlichen Verhältnisse zunächst gar nicht beeinflusst. Beide Eheleute können wie auch vor der Eheschließung unabhängig von ihrem Ehegatten Eigentum erwerben. Konkreter gesagt können sie z. B. Vermögen durch den Erwerb von Immobilien aufbauen sowie vollkommen unabhängig vom Ehepartner ein Auto oder andere Vermögensgegenstände kaufen. Auch die in die Ehe eingebrachten Besitztümer bleiben also unverändert in ihrem alleinigen Eigentum.
Wozu gibt es dann also die Zugewinngemeinschaft? Die Zugewinngemeinschaft regelt im Fall einer Scheidung die gerechte Verteilung des in der Ehe erworbenen Vermögens. Dies gilt auch dann, wenn der Güterstand auf andere Weise als durch eine Scheidung beendet wird. Der Gedanke dahinter beruht auf der Annahme, dass der Vermögenszuwachs maßgeblich auf das gemeinschaftliche Zusammenwirken der Eheleute zurückzuführen ist: Ohne die Eheführung wäre der Vermögensaufbau für jeden Einzelnen wesentlich schwerer gewesen. Die Durchführung des Zugewinnausgleichs wird diesem Umstand gerecht.
Der Ehemann bringt eine Immobilie mit einem Wert von 200.000,00 EUR mit in die Ehe ein. Während der Ehezeit hat er zudem ein Guthaben in Höhe von 20.000,00 EUR angespart.
Die Ehefrau geht hingegen verschuldet mit einem Kredit über 10.000,00 EUR in die Ehe. Weitere Ausgaben während der Ehe führen dazu, dass sie ein zusätzliches Darlehen über 2.000,00 EUR aufnehmen muss.
Ansonsten ergeben sich in der Ehezeit keine Veränderungen.
Anfangsvermögen des Ehemannes:
Endvermögen des Ehemannes:
Anfangsvermögen der Ehefrau:
Endvermögen der Ehefrau:
Berechnung des Zugewinnausgleichs
Wichtig ist hierbei, dass es grundsätzlich keinen negativen Zugewinn geben darf. Zwar sind bei der Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen sowohl positive Vermögensposition als auch Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Dementsprechend können sowohl Anfangs- als auch Endvermögen negativ ausfallen. Der Zugewinn selbst ist auch im Fall eines negativen Zugewinns, in unserem Beispiel immerhin 2.000 EUR, immer mindestens mit 0,00 EUR zu beziffern.
Allerdings gibt es auch für diesen speziellen Aspekt eine Menge rechtlicher Details zu beachten, z. B. bei Schenkungen oder einem gemeinsamen Grundbucheintrag. Am besten lassen Sie sich hierzu von einem unserer Spezialisten beraten.
Bei der Festlegung des Anfangs- und Endvermögens ist zunächst das jeweils zu den Stichtagen vorhandene Vermögen zu ermitteln. Es geht also um den Tag der Eheschließung und um den Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Generell ist dabei das gesamte Vermögen, wie z. B. Grundstücke, Bankguthaben, Lebensversicherungen usw. einzubeziehen. Auszuklammern sind lediglich diejenigen Vermögenswerte, die in einem anderen Ausgleichsverfahren zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden. Dies betrifft einerseits in der Ehezeit erworbene Rentenanrechte und zum anderen Haushaltsgegenstände.
Um Kenntnis über die jeweilige Vermögenssituation des anderen Ehegatten zu erlangen, sieht das Gesetz einen wechselseitigen Auskunftsanspruch vor (zur Ausgestaltung und Durchsetzung dieses Anspruchs siehe *Verweis auf Artikel 2).
Neben dem tatsächlichen Vermögen können auch weitere Beträge fiktiv sowohl dem Anfangs- als auch dem Endvermögen zuzurechnen sein. So werden insbesondere während der Ehe angefallene Erbschaften sowie Schenkungen von Dritten dem Anfangsvermögen zugerechnet. Schließlich liegt der Grund für diesen Vermögenszuwachs nicht in der Ehe begründet. Auf der anderen Seite ist das Endvermögen mitunter um den Betrag zu erhöhen, den der Ehegatte nach der Trennung verschwendet oder verschoben hat. Hier wird also dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Ehepartner schlecht gewirtschaftet hat, was aber nicht zu Lasten des anderen gehen soll.
Wohlgemerkt ist das Ziel des Anspruchs immer eine Ausgleichszahlung. Die Forderung ist dabei immer auf die Höhe des Endvermögens des zahlungspflichtigen Ehegatten begrenzt. An der Zuordnung der Vermögenswerte bzw. an den jeweiligen Besitzverhältnissen der Ehepartner ändert sich hingegen nichts.
Der Ausgleichsanspruch ist ab der Beendigung der Zugewinngemeinschaft gültig. In der Regel ist dies ab dem Datum der Fall, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden ist. Ab diesem Zeitpunkt muss der Anspruch innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden. Ansonsten verjährt der Anspruch auf den Zugewinnausgleich.
Ganz wichtig ist auch zu wissen, dass der Zugewinnausgleich nicht automatisch vom zuständigen Familiengericht durchgeführt wird. Vielmehr erfolgt der Zugewinnausgleich nur auf Antrag eines Ehegatten. Der Anspruch kann sowohl in einem eigenständigen Verfahren als auch im Verbund mit der Ehescheidung gerichtlich geklärt werden. Zudem kann der Anspruch auch einvernehmlich außergerichtlich geregelt werden. Eine gütliche Regelung ist immer nur dann wirksam, wenn sie von einem Notar beurkundet wird.
Alles in allem wollen wir nochmals betonen, dass die obigen Ausführungen nur einen ersten Einblick in die Thematik bieten können. Die Berechnung von Ansprüchen für den Zugewinnausgleich ist äußerst kompliziert. Deshalb empfehlen wir dringend, bei der Ermittlung auf das fachliche Know-how eines im Familienrecht kundigen Rechtsanwaltes zurückzugreifen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Ermittlung und Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Vereinbaren Sie also gleich einen Beratungstermin in unserer Kanzlei.
Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Vermögen eines Ehegatten bei Scheidung sein Vermögen im Zeitpunkt der Heirat übersteigt.
Generell sind sämtliche positiven und negativen Vermögenspositionen zu berücksichtigen. Hierunter fallen insbesondere Immobilien, Kunstgegenstände, Kontoguthaben sowie Schulden.
Nein, während der Ehe bleiben die Vermögensmassen beider Ehegatten grundsätzlich voneinander getrennt. Selbstverständlich können die Eheleute auch gemeinsam Wertgegenstände erwerben oder Verbindlichkeiten eingehen.
Gemeinsam erworbenes Vermögen wird ebenfalls bei der Zugewinnausgleichsberechnung berücksichtigt. Die Vermögensposition wird entsprechend den zum jeweiligen Stichtag vorherrschenden Eigentumsverhältnissen in die Berechnung eingestellt.
Erwerben die Eheleute beispielsweise in der Ehezeit gemeinsam jeweils hälftig das Eigentum an einer Immobilie, wird der Wert bei Scheidung hälftig auf beiden Seiten eingestellt. Bei einem Immobilienwert von 350.000,00 € ist jeweils ein Betrag von 175.000,00 € in das Endvermögen beider Ehegatten einzusetzen.
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