von Dr. Urte Andrae

Meine, deine, unsere… – wer haftet für die während der Ehe entstehenden Schulden?

In einer funktionierenden Ehe wird alles gerecht geteilt. Viele Menschen unterliegen dem Vorurteil, dass Eheleute mit bzw. nach der Hochzeit nur noch gemeinsames Vermögen bilden könnten. Danach würde nicht mehr zwischen Dein und Mein unterschieden, sondern alles fortan in einen gemeinsamen Topf kommen. Auch Verbindlichkeiten würden nur noch gemeinsam eingegangen und beide Ehegatten würden quasi automatisch zusammen in der Haftung stehen.

In der Realität gestaltet sich die Vermögensbildung bzw. die gegenseitige Haftung für Verbindlichkeiten aber meist ganz anders. In diesem Beitrag wollen wir mit den oben genannten Mythen aufräumen und Ihnen zeigen, dass eine gesetzlich vorgeschriebene gemeinsame Haftung auch bei Eheleuten die absolute Ausnahme ist.

Maßgeblich für die Zuordnung der Verbindlichkeiten ist der eheliche Güterstand

Für die Beantwortung der Frage, wer für die in der Ehezeit anlaufenden Schulden haftet, ist entscheidend, in welchem Güterstand die Ehegatten zusammenleben. Das deutsche Familienrecht kennt drei Güterstände: die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Ein eheliches Zusammenleben in Form der Gütertrennung bzw. der Gütergemeinschaft setzt zwingend voraus, dass die Eheleute diesen Güterstand im Rahmen eines Ehevertrages vereinbaren. In den allermeisten Fällen wird kein Ehevertrag geschlossen und die Eheleute leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Getrennte Vermögensmassen bei der Zugewinngemeinschaft

Bei der Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögensmassen beider Ehegatten auch nach der Eheschließung getrennt. Sowohl das mit in die Ehe gebrachte als auch das während der Ehe erworbene Vermögen eines Ehegatten steht ihm unabhängig von der Hochzeit alleine zu. Dies gilt sowohl für positive Vermögenswerte als auch für Schulden. Die Heirat hat hierauf keinerlei Auswirkungen. Die Zugewinngemeinschaft zeichnet sich einzig dadurch aus, dass im Falle ihrer Beendigung das während der Ehezeit erworbene Vermögen zwischen den Ehegatten hälftig geteilt wird. Hierbei werden auch am Ende der Ehezeit noch bestehende Verbindlichkeiten berücksichtigt. Das heißt aber nicht, dass die Schulden eines Ehepartners vom anderen übernommen werden. Allerdings vermindern Verbindlichkeiten, die während der gemeinsamen Ehezeit entstanden sind und zum Ende der Ehezeit noch bestehen, das Vermögen des jeweiligen Ehegatten. Dies wirkt sich wiederum auf den Zugewinnausgleich aus.

Dazu ein Beispiel: Der Ehemann verfügt sowohl zu Beginn als auch zum Ende der Ehezeit über kein Vermögen. Die Frau startet ebenfalls ohne Vermögen in die Ehe, kann jedoch bis zum Ende der Ehezeit 4.000 Euro ansparen. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs bekommt der Mann von seiner Ex-Frau 2.000 Euro. Hat die Ehefrau am Ende der Ehezeit neben dem positiven Vermögen aus der Ehe noch einen Kredit über 1.000 Euro, beträgt ihr Zugewinn lediglich (4.000 – 1.000) 3.000 Euro. Der Ehemann erhält dann im Rahmen des Zugewinnausleichs „nur“ 1.500 Euro.

Auch im Todesfall des Ehepartners müssen die Schulden nicht übernommen werden

Was aber passiert, wenn der Ehepartner stirbt? Hier gibt es mehrere Alternativen. Zum einen kann der Ehepartner den verstorbenen Ehegatten beerben, der Anteil am Erbe erhöht sich dann automatisch um ein Viertel. Dieses Erbe umfasst sowohl das Vermögen wie auch die Schulden. Alternativ kann es aber auch sein, dass der verstorbene Ehegatte den Ehepartner per Testament enterbt. Zudem hat der Ehepartner die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen. In diesen beiden Fällen kann der Ehepartner trotzdem den Pflichtteil am Erbe verlangen und dabei auch seinen Zugewinnausgleich geltend machen.
Um herauszufinden, welche Möglichkeit am besten ist, empfiehlt sich ganz besonders in diesem Fall eine Beratung durch einen unserer auf Erbrecht spezialisierten Anwälte.

Eine gemeinsame Haftung ist die Ausnahme

Etwas anderes gilt nur für sogenannte Geschäfte des täglichen Bedarfs. Hierbei handelt es sich um Verträge, die üblicherweise im Rahmen des alltäglichen Zusammenlebens anfallen. Erfasst sind etwa der Einkauf von Lebensmitteln und Kleidung ebenso wie die Anschaffung oder Reparatur von Haushaltsgegenständen. In diesen Fällen sieht das Gesetz eine gemeinsame Verpflichtung der Ehegatten vor. Leben die Ehegatten getrennt, gilt diese Regelung nicht. Ferner kann eine gemeinsame Haftung durch eine formlose Erklärung gegenüber dem Vertragspartner ausgeschlossen werden. Diese sollte natürlich inhaltlich möglichst klar formuliert sein und zudem mit einer Unterschrift des Vertragspartners bestätigen, dass dieser die Erklärung anerkennt.
Selbstverständlich können Eheleute daneben – ebenso wie auch nicht miteinander verheiratete Personen – gemeinsam mit einem Dritten einen Vertrag eingehen. Hierdurch können sie sich gemeinsam zu einer Leistung, etwa der Rückzahlung eines Kredits oder zur Zahlung der Miete für die gemeinsame Wohnung, verpflichten. In diesem Fall resultiert die gemeinsame Haftung jedoch nicht aus der Ehe, sondern aus dem jeweils eingegangenen Vertrag.

Eigenständige Vermögensmassen auch bei der Gütertrennung

Die Gütertrennung unterscheidet sich von der Zugewinngemeinschaft dadurch, dass bei Beendigung der Ehe kein Zugewinnausgleich durchgeführt wird. Im Übrigen gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Auch im Güterstand der Gütertrennung bleibt es damit bei den getrennten Vermögensmassen beider Ehegatten. Abgesehen von den Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs sowie von ausdrücklich gemeinsam eingegangenen Verträgen haftet also auch in diesem Fall für Schulden alleine der Ehegatte, der sie eingegangen ist.

Bildung gemeinsamen Vermögens nur bei der Gütergemeinschaft

Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Eheleute in einem Ehevertrag den Güterstand der Gütergemeinschaft wählen. In diesem Fall verschmilzt das beiderseitige Vermögen zu einer gemeinsamen Vermögensmasse. Auch künftig eingegangene Verbindlichkeiten und erworbenes Vermögen fließen in diesen gemeinsamen Topf. Aber auch bei der Gütergemeinschaft besteht die Möglichkeit, einzelne Vermögenswerte von dem sogenannten Gesamtgut abzusondern. Die Gütergemeinschaft ist jedoch der in der Realität am seltensten gewählte Güterstand.
Zusammenfassend betrachtet verhält es sich im Normalfall damit keineswegs so, dass Eheleute allein durch die Hochzeit für alle bestehenden Verbindlichkeiten gemeinsam einzustehen haben. Vielmehr bleiben die Ehegatten auch danach wirtschaftlich eigenständig und für ihr Vermögen alleine verantwortlich. Abgesehen von der Gütergemeinschaft und den Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs haften sie daher auch für ihre Verbindlichkeiten generell alleine.

Bei Fragen rund um das Thema eheliche Verbindlichkeiten steht Ihnen das Team der Kanzlei Dr. Andrae & Kollegen gerne zur Seite. Wir beraten Sie in diesem Kontext umfassend zu bestehenden haftungsrechtlichen Aspekten. Des Weiteren erläutern wir Ihnen gerne, wie sich Verbindlichkeiten im Falle der Trennung bzw. Scheidung auf unterhalts- und vermögensrechtliche Ansprüche auswirken können. Vereinbaren Sie also ganz unverbindlich einen Termin für eine Erstberatung in unserer Kanzlei.

Nur ganz selten müssen getrennte Eheleute für die Schulden des Partners haften.
Viele Paare sparen gemeinsam während der Ehezeit – nur in den seltensten Fällen müssen die Paare für die Schulden des anderen haften

Schulden aus der gemeinsamen Ehezeit: Die wichtigsten FAQs

Haften Ehegatten ab der Eheschließung für alle Verbindlichkeiten gemeinsam?

Nein. Leben Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung bleiben die Vermögensmassen trotz der Hochzeit getrennt voneinander. Die Ehegatten verwalten und mehren bzw. verringern ihr jeweiliges Vermögen eigenständig. Schulden werden generell nur dem Ehegatten zugeordnet, der sie eingeht.
Etwas anderes gilt nur für die Gütergemeinschaft. Bei der Gütergemeinschaft verschmelzen die beiderseitigen Vermögensmassen der Eheleute mit Eintritt in den Güterstand zu einem gemeinsamen Vermögen.

Wonach bestimmt sich der Güterstand?

Soweit die Eheleute keine Regelungen treffen, leben sie ab der Heirat im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Güterstände der Gütertrennung sowie der Gütergemeinschaft müssen hingegen explizit durch einen notariellen Ehevertrag vereinbart werden.

Können Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft bzw. der Gütertrennung überhaupt gemeinsame Schulden bilden?

Ja. Dies ist generell immer dann der Fall, wenn die Ehegatten sich gemeinsam gegenüber einem Dritten hierzu verpflichten. Unterschreiben beide Ehegatten beispielsweise einen Kreditvertrag, können sie auch beide auf Rückzahlung in Anspruch genommen werden. Ein weiteres Beispiel sind die sog. Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs. Bei diesen werden kraft Gesetzes beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet.

Was sind Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs?

Hierbei handelt es sich um Geschäfte, die im Rahmen des ehelichen Zusammenlebens üblicherweise anfallen. Anschaffungen für den gemeinsamen Haushalt (z.B. Lebensmittel, Möbel oder Bedarfsgegenstände) können hiervon ebenso erfasst sein wie der Abschluss von Strom- und Versicherungsverträgen. Entscheidend ist, dass sich das Rechtsgeschäft orientiert an den tatsächlichen Verhältnissen des Haushalts als angemessen erweist.

Autor dieses Fachartikels

Fachanwältin Dr. Urte Andrae
Dr. Urte Andrae Fachanwältin für Familienrecht

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