von Alexandra Güller

Welches Betreuungsmodell ist für unser Kind das beste?

Wenn sich Eltern trennen, ist neben unterhaltsrechtlichen Fragen sehr häufig auch die zukünftige Betreuung der gemeinsamen Kinder ein zentraler Konfliktpunkt. Die Möglichkeiten, die Betreuung des Kindes zu gestalten, sind vielfältig. Gesetzliche Vorgaben existieren hierzu so gut wie keine. Der Gesetzgeber begnügt sich damit, die elterliche Sorge in die eigene Verantwortung der Eltern zu legen.
Um Sie bei der Wahl eines passenden Betreuungsmodells zu unterstützen, wollen wir in diesem Artikel die gängigsten Formen erläutern und Ihnen die jeweiligen Vor- und Nachteile aufzeigen. Insbesondere möchten wir Ihnen veranschaulichen, wie sich die Betreuungsformen jeweils auf den Kindesunterhalt und andere kindesbezogene Fragestellungen auswirken. Eine ausführliche Betrachtung sämtlicher Aspekte rund um Umgangs- und Sorgerecht finden Sie hier.

Auch nach der Trennung bleibt es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge für den Nachwuchs

Die Trennung der Eltern hat keinen Einfluss auf die Verteilung der elterlichen Sorge. Haben die Eltern zuvor die elterliche Sorge gemeinsam ausgeübt, steht sie ihnen auch danach weiterhin gemeinsam zu. Die Eltern haben die elterliche Sorge eigenverantwortlich in gegenseitigem Einvernehmen auszuüben. Einzige Bedingung ist dabei immer, dass ihre Entscheidungen mit dem Kindeswohl zu vereinbaren sind. Abgesehen davon sind die Eltern frei darin, wie sie die Versorgung und Betreuung ihres Kindes organisieren. Sie können die Betreuung individuell an die von ihnen gelebten Verhältnisse anpassen.

Aus dieser weitläufig gewährten Freiheit folgt spiegelbildlich aber auch ein umfänglicher Regelungsbedarf. Grundlegend ist zu klären, ob das Kind vorrangig bei einem Elternteil seinen Aufenthalt haben soll. In diesem Fall ist zu regeln, in welchem Umfang der andere Elternteil Umgang mit dem gemeinsamen Kind haben soll. Alternativ können die Eltern sich auch darauf verständigen, die Betreuung zukünftig zu gleichen Teilen zu übernehmen.

Residenzmodell, Wechselmodell und Nestmodell – welche Betreuungsmodelle gibt es?

In der Praxis haben sich mit dem Residenzmodell, dem Wechselmodell und dem Nestmodell drei Betreuungsmodelle durchgesetzt. Alle drei haben Ihre Vor- und Nachteile – hier sind sie ausführlich erläutert.

Der Klassiker: das Residenzmodell

Das wohl am weitesten verbreitete Betreuungsmodell ist das Residenzmodell. Es zeichnet sich dadurch aus, dass das Kind im Haushalt der Mutter oder des Vaters lebt und von ihr oder ihm überwiegend versorgt und betreut wird. Dieser Elternteil entscheidet über die alltäglichen Fragen in kindbezogenen Angelegenheiten alleine. Lediglich grundlegende und weitreichende Entscheidungen müssen von beiden Eltern gemeinsam getroffen werden.
Der andere Elternteil verbringt im Rahmen seines Umgangsrechts Zeit mit dem Kind. Den Umfang des Umgangs können die Eltern frei regeln. So können sie sich darüber verständigen, in welchem Abstand und an welchen Tagen der Umgang stattfinden soll.

Während bei Kleinstkindern Umgangskontakte im Normalfall in kürzeren Abständen, für nur wenige Stunden stattfinden, werden die Umgangskontakte mit fortschreitendem Alter des Kindes in der Regel in ganzen Tagen festgelegt. Am häufigsten verständigen sich Eltern darauf, dass der nichtbetreuende Elternteil das Kind an jedem zweiten Wochenende sowie die Hälfte der Ferienzeiten und Feiertage in seinem Haushalt versorgt und betreut.
Sollten sich die Eltern nicht einigen können, kann der umgangsberechtigte Elternteil sein Umgangsrecht auch gerichtlich durchsetzen. Das Gericht legt dann orientiert am Kindeswohl die Dauer und Häufigkeit des Umgangs verbindlich fest.

Auswirkung des Residenzmodells auf den Kindesunterhalt

Wenn sich Eltern für die Betreuung im Residenzmodell entscheiden hat ihre Wahl auch Auswirkungen auf den Unterhalt. Während der überwiegend betreuende Elternteil durch die alltägliche Versorgung und Erziehung seine Unterhaltspflicht vollständig erfüllt, auch Naturalunterhalt genannt, besteht die Verpflichtung des anderen Elternteils in der Zahlung eines Kindesunterhalts, was auch als Barunterhalt bezeichnet wird.

Der Fortschrittliche: das paritätische Wechselmodell

In jüngerer Vergangenheit hat neben dem Residenzmodell das sog. paritätische Wechselmodell zunehmend an Beliebtheit gewonnen. Im Rahmen dessen teilen die Eltern die Betreuung des Kindes möglichst hälftig untereinander auf. Das Kind verbringt also in etwa in gleichem Umfang Zeit mit beiden Elternteilen. Regelmäßig wechselt das Kind alle zwei Wochen oder monatsweise vom Haushalt der Mutter in den Haushalt des Vaters und wieder zurück.
Im Gegensatz zum Residenzmodell besteht kein eindeutiger Lebensmittelpunkt des Kindes in einem der beiden elterlichen Haushalte. Dies hat auch unterhaltsrechtliche Konsequenzen. Da die Pflege und Erziehung von beiden Elternteilen in etwa gleichwertig erfüllt wird, ist auch die Barunterhaltspflicht zwischen den Eltern aufzuteilen. Die Eltern haben im Verhältnis ihrer Einkünfte zueinander für den Barunterhalt einzustehen.

Beim Wechselmodell kann das Kind zu beiden Eltern eine ähnlich intensive Bindung erhalten bzw. aufbauen

Vorteilhaft am Wechselmodell ist, dass das Kind die Möglichkeit hat, zu beiden Eltern eine gleich intensive Bindung aufrechtzuerhalten. Daneben wird das Wechselmodell als gerechter empfunden, weil beide Elternteile in gleichem Maße in die Verantwortung genommen werden. Infolgedessen verbleibt ihnen gleich viel Zeit, um sich neben ihrer Rolle als Elternteil selbst zu verwirklichen und beispielsweise beruflich voranzukommen.
Nachteilig ist hingegen, dass diese Betreuungsform mit deutlich höheren finanziellen Belastungen verbunden ist. Da in beiden elterlichen Haushalten ein vollständig eingerichtetes Kinderzimmer benötigt wird, muss hinreichender Wohnraum bereitgehalten sein. Auch Einrichtungsgegenstände, Kleidung und Spielzeug müssen doppelt angeschafft werden.
Zudem bedarf es für die Umsetzung des paritätischen Wechselmodells einer etwas intensiveren Abstimmung der Eltern untereinander. Das setzt natürlich voraus, dass die Eltern ihre eigenen Konflikte untereinander zugunsten des Kindes weitestgehend gelöst haben oder immer wieder lösen können. Das Wechselmodell kommt also nur dann in Frage, wenn die Eltern noch in ausreichender Weise miteinander kommunizieren und auf faire Weise respektvoll umgehen können.

Der Exot: das Nestmodell

Neben dem Residenz- und dem Wechselmodell gibt es noch das Nestmodell. Es wird im Vergleich zu den ersten beiden Modellen wesentlich seltener angewendet und hat daher eine eher untergeordnete Bedeutung. Zentraler Unterschied zu den beiden oben genannten Modellen ist, dass das Kind hier durchgehend im selben Haushalt lebt. Beim Nestmodell wechselt nicht das Kind den Haushalt, sondern die Eltern. Vergleichbar mit dem Wechselmodell leben die Kinder im zweiwöchigen bzw. monatlichen Wechsel mit dem Kind zusammen und betreuen es. Das Nestmodell dient dem Ziel, den Kindern die gewohnten Lebensumstände weitestgehend zu erhalten und ihnen so die Verarbeitung der Trennung der Eltern zu erleichtern.

Das Nestmodell ist mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden

Gleichzeitig gibt es offensichtliche Gründe, die diese Form dennoch unattraktiv erscheinen lassen. Faktisch müssen die Eltern drei Wohnungen unterhalten. Abhängig davon, ob die Betreuungszeiten in etwa miteinander vergleichbar sind oder nicht, ist der Barunterhalt entweder von den Eltern gemeinsam oder von dem Elternteil mit dem geringeren Betreuungsanteil zu leisten.

Die Entscheidung hängt immer von den konkreten Lebensumständen ab

Letztlich lässt sich nicht kategorisch beantworten, welches Betreuungsmodell das beste ist. Vielmehr hängt es von den individuellen Lebensumständen der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes ab. Wichtig ist bei der Wahl des passenden Betreuungsmodells aber immer, dass die Eltern sich bei der Regelung der Betreuung darauf besinnen, was für das Kind am besten ist. Weitere Informationen zum Kindeswohl finden Sie hier. Oftmals neigen Eltern in der Praxis leider dazu, ihre persönlichen Konflikte auf dem Rücken der Kinder auszutragen.

Gerne unterstützen wir Sie dabei, das für Sie und Ihr Kind am besten geeignete Betreuungsmodell zu finden. Auch wenn Sie sich mit dem anderen Elternteil nicht über die Betreuung und den Umgang mit Ihrem Kind verständigen können, stehen wir Ihnen als verlässliche und versierte Partner bei der Durchsetzung Ihrer Rechte zur Seite. Vereinbaren Sie daher am besten gleich einen Termin für eine Erstberatung in unserer Kanzlei.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wahl des richtigen Betreuungsmodells

Welches Betreuungsmodell wird nach der Trennung am häufigsten gewählt?

In Deutschland entscheiden sich Eltern nach einer Trennung am häufigsten für eine Betreuung im Rahmen des Residenzmodells. Hierbei lebt das Kind überwiegend im Haushalt eines Elternteils, während dem anderen ein individuell ausgestaltetes Umgangsrecht mit seinem Kind eingeräumt wird.

Welche Betreuungsmodelle gibt es neben dem Residenzmodell?

Generell steht es den Kindeseltern frei, wie sie die Kinderbetreuung regeln. Dementsprechend lassen sich die möglichen Betreuungsformen nicht abschließend aufzählen. Regelmäßig wird als Alternative zum Residenzmodell das Wechselmodell gewählt. In Ausnahmefällen erfolgt die Betreuung nach dem Nestmodell.

Was kennzeichnet das paritätische Wechselmodell?

Das paritätische Wechselmodell zeichnet sich dadurch aus, dass die Eltern zeitlich in etwa gleichwertig der Betreuung ihres Kindes nachkommen. Hieraus folgt aber auch ein höherer Abstimmungsbedarf zwischen den Eltern. Daneben ist das Wechselmodell auch mit Mehrkosten verbunden, weil in beiden Haushalten sowohl Wohnraum als auch Dinge des kindlichen Bedarfs bereitgestellt werden müssen.

Was versteht man unter dem Nestmodell?

Wesentliches Merkmal des Nestmodells ist, dass das Kind durchgehend in demselben Haushalt lebt. Oftmals handelt es sich dabei um das ehemalige elterliche Zuhause. Dort lebt das Kind im regelmäßigen Wechsel mal mit dem einen und mal mit dem anderen Elternteil zusammen. Eine bestimmte Aufteilung der Betreuungsanteile ist mit diesem Modell nicht verbunden.

Wie wirken sich die Betreuungsmodelle auf die Unterhaltspflichten aus?

Lebt das Kind, wie beim Residenzmodell, ganz überwiegend im Haushalt eines Elternteils, erfüllt dieser seine Unterhaltspflicht vollständig durch die tägliche Versorgung und Erziehung des Kindes (sog. Naturalunterhalt). Der andere ist dann zur Zahlung eines Kindesunterhalts (sog. Barunterhalt) verpflichtet.

Beim Wechselmodell teilen die Eltern die Betreuung gleichwertig untereinander auf. Der Barunterhalt wird von ihnen im Verhältnis ihrer Einkünfte zueinander getragen.

Autor dieses Fachartikels

Fachanwältin Alexandra Güller
Alexandra Güller Fachanwältin für Familienrecht

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