Umgangsrecht und Sorgerecht: Das Kindeswohl steht im Vordergrund

Die meisten Paare, ob verheiratet oder nicht, wünschen sich eigene Kinder. Sie sind für viele das größte Geschenk. Wenn sich Vater und Mutter aber dann auseinanderleben und trennen, ist die gemeinsame Sorge um die Kinder nicht mehr so selbstverständlich. Im Idealfall liegen beiden Elternteilen die gemeinsamen Kinder stark am Herzen. Sie fühlen sich verantwortlich und wollen für ihre Kinder mit Liebe, Sorgfalt und Würde sorgen. Im Sinne der Kinder versuchen sie, sich und ihre zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen zurückzunehmen und das Kindeswohl über alles zu stellen.

Oftmals können sich die Elternteile aber nicht einigen, wie sie ihr Kind erziehen oder wie sie das Umgangs- und Sorgerecht für das Kind gestalten wollen. In diesem Artikel wird von unseren Experten erörtern, was das elterliche Umgangsrecht bedeutet und wie es sich auf Ihre Sorgerechtsvereinbarung auswirkt.

Das Umgangs- und Sorgerecht regelt, wie sich Eltern um ihre Kinder kümmern sollen und können.
Auch im Falle einer Trennung oder Scheidung ist es für das Kind wichtig, dass sich die Eltern gut verstehen und sich möglichst harmonisch gemeinsam um ihr Kind kümmern.

Umgangsrecht: Das Recht der Eltern auf Zeit mit ihrem Kind

Das elterliche Umgangsrecht ist das gesetzliche Recht eines jeweiligen Elternteils auf den Umgang mit seinem Kind. Dieses Recht gilt unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind bzw. ein Paar oder getrennt sind. Das Umgangsrecht ermöglicht den Eltern, regelmäßig Kontakt zu ihren Kindern zu haben, sie zu Hause zu besuchen oder Ausflüge mit ihnen zu unternehmen. Zum Umgang kann insbesondere bei größeren geografischen Distanzen auch gehören, mit dem Kind regelmäßig E-Mails oder Briefe auszutauschen und zu telefonieren. Das Umgangsrecht gilt grundsätzlich für Vater und Mutter. Es kann nur in äußerst schwerwiegenden Fällen wie z. B. Kindesmissbrauch vom Familiengericht komplett entzogen werden. In anderen Fällen wie z. B. Suchtproblematiken, ansteckenden Krankheiten oder bei der Gefahr einer Entführung kann das Umgangsrecht auch zeitlich befristet ausgesetzt werden. Auch darüber entscheidet das Familiengericht.

Sorgerecht: Die Pflicht der Eltern, für ihr Kind zu sorgen

Das Sorgerecht erhalten die verheirateten Elternteile mit der Geburt ihres Kindes. Dabei könnte das Sorgerecht auch Sorgepflicht heißen. Vater und Mutter haben also sowohl das Recht wie auch die Pflicht, für ihr Kind zu sorgen. Das Sorgerecht ist so bedeutend, dass es sogar im Grundgesetz verankert ist. In Artikel 6 heißt es in Absatz 2: "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht."
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist das Sorgerecht genauer beschrieben. Hier ist unter anderem festgelegt, dass das Sorgerecht die Personensorge und die Vermögenssorge umfasst. In § 1631 des BGB heißt es: "Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen."

Vater oder Mutter kann alleiniges Sorgerecht beantragen

Wenn das Kindeswohl gefährdet ist, kann einem Elternteil das Sorgerecht komplett entzogen werden. Der andere Elternteil muss dazu einen Antrag beim Familiengericht stellen. Nur weil einem Elternteil das Sorgerecht entzogen wurde, heißt es aber noch lange nicht, dass der Vater oder die Mutter auch kein Umgangsrecht mehr hat. Dieses kann, wie im vorherigen Absatz geschildert, auch bei Entzug des Sorgerechts nur in sehr schweren Fällen komplett entzogen werden. Im weiteren Verlauf dieses Artikels finden Sie eine genauere Definition des Kindeswohls.

Sorgerecht: So betrifft es das Alltagsleben

Zum Sorgerecht gehören die Personensorge wie z. B. die Pflege, Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung, die Vermögenssorge wie z. B. die Eröffnung von Bankkonten sowie die gesetzliche Vertretung des Kindes. Grundsätzlich obliegt das immer beiden Elternteilen, unabhängig davon, ob sie noch ein Paar oder bereits getrennt sind. Bekommen unverheiratete Paare ein Kind, erhält zunächst lediglich die Mutter das Sorgerecht. Die gemeinsame Sorge entsteht dann mit Abgabe einer sogenannten Sorgeerklärung. Heiraten sie im Nachhinein, bekommen sie das Sorgerecht ganz automatisch.

Umgangs- und Sorgerecht: Es hilft, sich rechtzeitig zu kümmern.
Das Umgangs- und Sorgerecht wirkt sich auch auf den Alltag aus: Je klarer die einzelnen Rechte geregelt sind, desto einfacher ist es für das Kind.

Umgangsrecht und Sorgerecht: Die Berührungspunkte

Eigentlich sind das Umgangsrecht und Sorgerecht rechtlich voneinander komplett unabhängig und getrennt. Allerdings gibt es im Alltag bzw. im praktischen Leben durchaus Überschneidungen und Berührungspunkte. So gibt es Bereiche, über die der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält, alleine entscheiden kann. Die entscheidende Frage ist, um welche Entscheidungen es geht – sind die Entscheidungen alltäglicher oder grundsätzlicher Natur?

Bei diesen alltäglichen Entscheidungen kann ein Elternteil alleine entscheiden:

  • Gestaltung des Schulalltags wie z. B. Lernen oder Aussuchen von Nebenfächern
  • Lebensalltag wie z. B. das Treffen von Freunden oder das Ausüben von Sportarten
  • Auswahl der Kleidung
  • Ernährungsfragen
  • Konsum und Nutzung elektronischer Geräte und digitaler Medien

Bei diesen grundsätzlichen Entscheidungen müssen die Eltern eine gemeinsame Entscheidung treffen:

  • Aufenthaltsbestimmung, also wo lebt das Kind
  • Wahl der Schule bzw. der Bildungseinrichtung
  • Ausbildung des Kindes
  • Schwerwiegende bzw. wichtige medizinische Behandlungen
  • Grundlegende religiöse Entscheidungen

Diese Liste ist nicht als vollständig, sondern als beispielhaft zu betrachten. Sie macht aber vor allem deutlich, dass sich das Recht hier nach ganz praktischen Alltagsdingen richtet: Der Elternteil, bei dem das Kind lebt oder sich gerade aufhält, hat das Recht, im Rahmen des Umgangsrechts die alltäglichen Fragen und Belange selber zu entscheiden. Geht es um grundsätzliche Weichenstellungen, die eine weitreichende Tragweite für das künftige Leben des Kindes haben können, ist eine gemeinsame Entscheidung der Eltern erforderlich. Können die Eltern in gewichtigen Angelegenheiten keine Einigung erzielen, kann das Familiengericht die Entscheidungsbefugnis einem Elternteil alleine zuweisen.

Beide Eltern müssen dem Ex-Partner den Umgang mit dem Kind ermöglichen

Wer darf ein Kind wann und wo wie viel sehen? Um kaum eine andere Frage wird seit vielen Jahren vor deutschen Gerichten wohl so emotional gestritten wie um diese. Dabei tragen viele Eltern gegenseitige Verletzungen auf dem Rücken der Kinder aus – und übersehen das alles entscheidende Kindeswohl. Auch deshalb gibt es den Begriff der Wohlverhaltenspflicht, die auch in § 1684 Abs. 2 BGB rechtlich festgeschrieben ist: Danach muss der umgangs- und sorgeberechtigte Elternteil alles dafür tun, dass das Kind auch zum anderen Elternteil eine möglichst gesunde Beziehung aufbauen kann. Natürlich gilt es auch hier, immer den Einzelfall zu betrachten. Generell jedoch gilt, dass sich ein Kind möglichst nicht von einem Elternteil entfremden soll.

Umgangsrecht für weitere Personen außer den Eltern

Neben den Eltern haben auch Geschwister und Großeltern das Recht auf den Umgang mit einem Kind. Auch sie können das Kind also regelmäßig besuchen sowie mit ihm telefonieren oder ihm E-Mails bzw. Briefe schreiben. Darüber hinaus kann es auch ein Umgangsrecht für enge Bezugspersonen geben, die tatsächlich für das Kind Verantwortung übernommen haben. Dies kann also z. B. auch für Partner in Patchwork-Familien gelten, die über mehrere Jahre hinweg in einem Haushalt mit dem Kind gelebt haben, wie z. B. Stiefeltern. Durch dieses gemeinsame Zusammenleben waren sie auch für die Erziehung des Kindes verantwortlich.
Auch Pflegeeltern haben selbstverständlich ein Umgangsrecht. Weitere Personen außer den hier genannten haben zwar kein Recht auf Umgang, dennoch kann der Kontakt mit diesen Personen – wie z. B. ein Onkel oder eine Tante – für das Kindeswohl förderlich sein.

Das Sorgerecht für Väter: Neue Voraussetzungen für den Umgang

Bis 2009 war es für einen unehelichen Vater nahezu unmöglich, das Sorgerecht für sein eigenes Kind auszuüben, wenn die Mutter das nicht wollte. Erst dann entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem wegweisenden Urteil, dass diese Praxis nicht mehr zulässig ist. 2013 schloss sich das Bundesverfassungsgericht dieser Meinung an und entschied, dass auch bei unverheirateten Paaren beide Elternteile automatisch das Sorgerecht für das Kind übernehmen sollten. Die Begründung dafür ist ebenso einfach wie schlüssig: Grundsätzlich ist es für das Kind bzw. für seine Entwicklung und seine Erziehung förderlich und hilfreich, wenn sich beide Elternteile um ihr Kind sorgen und kümmern. Allerdings fällt bei unverheirateten Paaren nach wie vor das Sorgerecht der Mutter zu. Wenn diese einverstanden ist, können die beiden Elternteile das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Lehnt die Mutter das gemeinsame Sorgerecht ab, kann der Vater dies beim Familiengericht einfordern.

Umsetzung des Umgangsrechts

Eltern sollten sich rein organisatorisch betrachtet zur Umsetzung des Umgangsrechts folgende Fragen stellen:

  • Wie häufig soll der Umgang mit dem Kind sein?
  • Wo soll der Kontakt stattfinden?
  • Wie lange sollen sich der Elternteil und das Kind sehen?
  • Wie sollte der Umgang idealerweise ablaufen?
  • Welche Regeln sollte das Kind beachten?

Während die ersten drei Fragen meist relativ klar sind – z. B. sieht der Elternteil das Kind in seiner Wohnung oder seinem Haus bzw. im Rahmen von Ausflügen in der dortigen Umgebung einmal wöchentlich für ein paar Stunden und die nächste Woche übers Wochenende – berühren die letzten beiden Fragen den Alltag des jeweils anderen. Hier geht es dann um konkrete Fragen, wie z. B. um Abholzeiten des Kindes von der Schule oder darum, wie lange das Kind am Computer spielen darf. Hierfür bedarf es viel gegenseitiges Vertrauen und auch eine möglichst enge und konstruktive Abstimmung.

Autor dieses Fachartikels

Fachanwältin Alexandra Güller
Alexandra Güller Fachanwältin für Familienrecht

Kindeswohl gefährdet? Im Zweifelsfall das Jugendamt verständigen

Grundsätzlich ist es für Außenstehende oft schwer einzuschätzen, ob und in welcher Form das Kindeswohl gefährdet ist. Das Kindeswohl ist z. B. gefährdet, wenn wiederholt materielle Grundbedürfnisse wie z. B. regelmäßiges Essen, saubere Kleidung und ärztliche Versorgung nicht erfüllt sind. Mindestens ebenso wichtig sind Nähe und Geborgenheit.

Weitere Gefährdungen des Kindeswohls sind die Verletzung elterlicher Pflichten wie z. B. der regelmäßigen Teilnahme am Schulunterricht und die Aufsichtspflicht. Auch körperliche Gewalt jeglicher Art, sexueller Missbrauch oder eine psychische Misshandlung sind entscheidende Kriterien.

Wenn Sie als Nachbar oder Bekannter den Eindruck haben, dass das Kindeswohl gefährdet ist, sollten Sie das Jugendamt verständigen. Deren Mitarbeiter werden dann Fragen zu konkreten Verdachtsmomenten stellen, wie z. B. wiederholt blaue Flecke, wiederkehrende Müdigkeit oder mangelhafte Kleidung.

Wechselmodell und Residenzmodell: Das sind die Unterschiede

Beim Thema Umgangsrecht für Kinder dominieren zwei verschiedene Modelle: Das Residenzmodell beruht auf der Idee, dem Kind durch ein festes Zuhause möglichst viel Stabilität zu geben. Es kommt damit dem eigentlichen Familienbild am nächsten. Das Kind lebt zwar nicht mehr mit beiden Eltern zusammen, aber es hat einen festen Wohnsitz. Der nicht-betreuende Elternteil kann das Kind dann je nach vereinbarter Häufigkeit in seiner Wohnung sehen.

Im Gegensatz zum Residenzmodell gibt es zwei verschiedene Arten eines Wechselmodells: Beim echten Wechselmodell verbringen beide Eltern gleich viel Zeit mit ihrem Kind. Das unechte Wechselmodell ist im Grunde eine andere Form des Residenzmodells und wird auch als ausgedehnte Umgangsregelung bezeichnet. In diesem Fall lebt das Kind zwar weitgehend beim betreuenden Elternteil, verbringt dabei aber auch mehr Zeit mit dem anderen Elternteil als beim "normalen" Residenzmodell.

Umgangsrecht möglichst entspannt gestalten

Auf jeden Fall sollte das Umgangsrecht möglichst so geregelt sein, dass es sich für beide Eltern gut in den Alltag integrieren lässt. Kinder merken schnell, wenn es hier keine Einigkeit zwischen den beiden Elternteilen gibt. Sie leiden dann unter der Regelung und fühlen sich nicht wohl. Zudem ist es natürlich zu begrüßen, wenn ihr Kind sich beim anderen Elternteil wohlfühlt und sich darauf freut, diesen zu sehen – auch wenn Sie den Vater oder die Mutter des Kindes am liebsten auf den Mond schießen würden.

Früher waren vor allem uneheliche Väter beim Sorgerecht schnell benachteiligt – das ist heute anders.
Kinder brauchen immer möglichst beide Elternteile: Auch deshalb hat der Gesetzgeber die Rechte von Vätern in den vergangenen Jahren gestärkt.

Umgangsrecht: Wenn sich die Eltern uneins sind

Können sich die Eltern nicht auf eine gemeinsame Regelung einigen, muss das Familiengericht über die Ausgestaltung des Umgangsrechts entscheiden. Hierbei sind z. B. die bisherigen Gewohnheiten des Kindes ausschlaggebend. Zudem hängen die vom Gericht getroffenen Regelungen davon ab, wie alt das Kind ist:

  • Für Kinder bis drei Jahre ist ein Besuch oder eine gemeinsame Zeit von mehreren Stunden pro Woche üblich
  • Ab 3 Jahren können Kinder auch beim anderen Elternteil übernachten
  • Ab dem Schulalter können die Kinder auch regelmäßig übernachten und Feiertage mit ihren Eltern verbringen

Natürlich kann diese Altersregel auch als Faustregel für eine außergerichtliche Vereinbarung der Eltern herangezogen werden. Je kleiner das Kind, desto häufiger und kürzer sollte der Kontakt sein.

Umgangsrecht: Was passiert, wenn man dagegen verstößt?

Verstoßen Sie gegen bestehende Umgangsentscheidungen, kann das betraute Gericht Ordnungsmittel verhängen. Diese können auch im Nachhinein noch durchgesetzt werden. Wenn Sie beispielsweise dem anderen Elternteil den Umgang mit Ihrem Kind verwehren, kann es auch dann zu einer Geldstrafe kommen, wenn der Zeitpunkt für den Umgang, etwa das Wochenende oder die Feiertage, schon vorüber ist. Hier finden Sie mehr zum Thema Recht und Beratung in Umgangsfragen bei getrennt und alleinerziehenden Eltern.

Je klarer Umgangs- und Sorgerecht geregelt sind, desto einfacher ist die Kindererziehung geregelt.
Auch beim Umgangs- und Sorgerecht lohnt es sich, zum Wohl des Kindes auf Teamwork zu setzen.

Praxisbeispiele: Darum brauchen Sie für Umgangsrecht und Sorgerecht eine anwaltliche Beratung

Der Vater verwehrt über das gemeinsame Sorgerecht der Mutter, eine Tagesmutter zu engagieren – und verweigert damit der Mutter auch, selbst zu arbeiten. Die Mutter verbietet dem Vater trotz des gemeinsamen Umgangsrechts, das Kind zu sehen bzw. erschwert beiden den Kontakt miteinander. Beide Elternteile beanspruchen das Sorge- und Umgangsrecht jeweils nur für sich: Allein schon an diesen drei Beispielen lässt sich gut erkennen, wie kompliziert und komplex das Umgangs- und Sorgerecht sein kann.

Umso wichtiger ist es, in solchen wie auch in anderen Fällen rechtlichen Beistand zu haben. Mit der ebenso menschlich einfühlsamen wie auch in der Sache konsequenten Art unserer Fachanwälte für Familienrecht ist die Kanzlei Dr. Andrae & Kollegen hier eine feste und verlässliche Größe.

Je besser die Kommunikation zwischen den Eltern, desto einfacher für das Kind

Welche Art des Umgangs im Rahmen eines Wechsel- oder Residenzmodells für das jeweilige Kind am besten ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Klar ist auf jeden Fall, dass ein Kind sich umso wohler fühlt, je besser sich die Eltern verstehen. Das ist natürlich auch die wichtigste Voraussetzung für ein gleichberechtigtes Wechselmodell: Im Alltag gibt es immer wieder Grenzfälle, die für beide Seiten zur Belastung werden können. Trotzdem gilt das Wechselmodell objektiv betrachtet natürlich als fairste Lösung. Gleichzeitig sollte beiden Eltern von vorneherein klar sein, dass ein Wechselmodell natürlich nicht nur organisatorisch wie emotional äußerst herausfordernd sein kann. Es bringt auch wesentlich mehr finanzielle Verpflichtungen mit sich: In diesem Fall braucht das Kind bei jedem der beiden Partner ein eigenes Zimmer inklusive Einrichtung, Computer und andere Dinge, wie z. B. ein Fahrrad oder Skateboard.

Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten

Auch wenn Eltern die Folgen einer Trennung oder Scheidung möglichst vom Kind fernhalten wollen: Kinder bekommen auch in jüngeren Jahren mit, wie viel und wie oft sich Eltern streiten. Wiegelt dann auch noch ein Elternteil das Kind gegen den ehemaligen Partner auf, schadet das letztendlich allen Beteiligten. Das Kind sieht sich gezwungen, sich gegen seinen Vater oder seine Mutter zu entscheiden bzw. Partei für einen der beiden Elternteile zu ergreifen. Die Vorliebe des Kindes für einen Partner kann sich aber in späteren Jahren auch wieder in eine Ablehnung verwandeln. Es ist also letztendlich niemandem geholfen, wenn sie trotz aller Emotionalität nicht versuchen, trotz Scheidung oder Trennung gemeinsam für ihr Kind da zu sein.

Die wichtigsten Fragen zum Umgangs- und Sorgerecht

Was genau ist das Kindeswohl?

Der zentrale Sinn und Zweck des Umgangs- und Sorgerechts der Eltern ist immer das Kindeswohl. Grundsätzlich soll damit die gesamte Entwicklung eines Kindes oder eines Jugendlichen gesetzlich geschützt sein. Zwar ist das Kindeswohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als Rechtsbegriff verankert, es gibt dort aber keine genaue Definition dazu. Das BGB nennt aber Beispiele und Kriterien. Dazu gehören u.a. das Recht auf körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit und die Möglichkeit, zu einer selbständigen und verantwortungsbewussten Person aufzuwachsen. Je älter ein Kind ist, desto mehr zählt hier auch der Kindeswille.

Was kann ich bei der Sorge um das Kindeswohl unternehmen?

Bei einer Trennung kann ein Elternteil den Antrag stellen, die gemeinsame Sorge aufzuheben und die Alleinsorge zu beantragen. Zudem muss das Gericht tätig werden, wenn es Hinweise darauf hat, dass das Kindeswohl gefährdet ist. Zunächst wird dann geprüft, ob ein Elternteil nicht zur Erziehung geeignet oder bereit ist. Zudem prüft das Gericht in diesem ersten Schritt, ob die Kommunikation bzw. die Abstimmung der getrennten Eltern so gestört ist, dass das Kindeswohl darunter leidet. In einem zweiten Schritt ist dann gerichtlich zu klären, ob die Übertragung einer Alleinsorge dem Kindeswohl mehr entspricht als die gemeinsame Sorge. Hier geht es immer um eine möglichst ganzheitliche Beurteilung. Unter anderem zählen dabei das Förderungsprinzip, das Kontinuitätsprinzip und das Bindungsprinzip. Mehr zu diesen drei Prinzipien sowie zum Kindeswohl finden Sie schon bald in einem weiteren, ausführlichen Artikel.

Was ist der Unterschied zwischen Sorgerecht- und Umgangsrecht?

Oftmals werden Sorge- und Umgangsrecht von Eltern miteinander verwechselt. Rein rechtlich sind aber beide Bereiche klar voneinander getrennt: Beim Sorgerecht geht es um grundsätzliche Entscheidungen wie z. B. die Wahl der Schule, den Wohnort des Kindes oder schwerwiegende medizinische Eingriffe. Hier dürfen beide Eltern mitentscheiden. Beim Umgangsrecht geht es um das Recht, mit dem Kind Zeit zu verbringen. Entweder lebt das Kind fest bei einem Elternteil (Residenzmodell) oder es lebt zu gleichen Teilen bei beiden Eltern (Wechselmodell). Im Rahmen des Umgangsrechts können Eltern alltägliche Entscheidungen alleine treffen. Dazu gehört z. B., den Schulalltag zu gestalten, Kleider auszusuchen oder die Nutzung digitaler Medien. Sowohl das Sorgerecht wie auch das Umgangsrecht stehen auch nach einer Trennung beiden Elternteilen automatisch zu. In Einzelfällen kann aber das Gericht auch das Sorge- und das Umgangsrecht entziehen.

Wie kann ich das Umgangsrecht gerichtlich durchsetzen?

Beide Elternteile haben auch nach einer Trennung das Recht auf den Umgang mit ihrem Kind. Weigert sich eines der Elternteile, kann der andere gerichtlich dagegen vorgehen. Er oder sie kann auch das Jugendamt kontaktieren. Dieses kann dann zwischen den Elternteilen vermitteln. Das Umgangsrecht kann nur vom Familiengericht entzogen werden, wenn eine mögliche Kindeswohlgefährdung vorliegt. Selbst wenn einem Elternteil das Sorgerecht entzogen wird, behält dieser das Umgangsrecht. Allerdings kann dann der Elternteil mit dem alleinigen Sorgerecht Regeln für das Umgangsrecht des anderen festlegen. Dazu gehört u.a. das Umgangsverbot mit dritten Personen (z. B. der neuen Partner/in) oder gefährliche Tätigkeiten wie z. B. Bungeespringen.

Was passiert, wenn das Kind den Umgang nicht will?

Nicht immer will ein Kind Vater oder Mutter regelmäßig sehen. Auch wenn beide Elternteile grundsätzlich das Recht auf den Umgang mit ihrem Kind haben, so hilft es wenig, eine dauerhafte Weigerung des Kindes ständig zu ignorieren. So sollte auch der Elternteil, bei dem das Kind lebt, auf das Kind positiv einwirken, den anderen Elternteil zu sehen. Ist dies nicht der Fall oder hat der andere Elternteil den Eindruck, dass das Kind negativ beeinflusst wird, sollte sich der betroffene Elternteil Hilfe beim Jugendamt oder anderen Beratungsstellen bzw. Selbsthilfegruppen holen. Zudem kann man den Kontakt zum Kind telefonisch oder per E-Mail bzw. mit Briefen aufrechterhalten.